Fall des Monats

Kasuistik Läsion des N. ulnaris rechts

Kurz vor Weihnachten stellt sich ein 28-jähriger Patient mit seit 2 Wochen zunehmenden Parästhesien im Bereich des 4. und 5. Fingers der rechten Hand vor. Seit 2 Tagen könne er auch leichte Gegenstände wie einen Zahnputzbecher mit der rechten Hand nicht mehr sicher halten. Ein Trauma wird verneint. Vor einigen Monaten sei am Oberarm ein „Knoten“ operiert worden. Zur Dignität der Raumforderung kann der Patient keine Angaben machen.

 

Der Patient ist insbesondere wegen der deutlichen Verschlechterung der Symptome innerhalb weniger Tage sehr besorgt.

Es stellt sich die Frage, ob die Narbe oder möglicherweise ein Tumor bei anamnestisch unklarer Vorgeschichte relevant für die neu aufgetretene Ulnarisläsion sein könnte. Eine zeitnahe Abklärung erscheint angesichts der Dynamik der geschilderten Beschwerden wünschenswert.

Was würden Sie tun? Könnte eine sonographische Untersuchung die wichtigsten Fragen unmittelbar beantworten?

 

Bis zum Eintritt in den eigentlichen Sulcus ulnaris findet sich im Querschnitt eine normale Struktur des Nerven. Der Nerv liegt nicht im Verlauf des Nerven. Eine Raumforderung kann ausgeschlossen werden.

Bei Beugung im Ellenbogengelenk zeigt sich kein “Snapping” oder Überspringen des Nerven über den Epicondylus medialis als mögliche Ursache für eine Läsion des Nerven.

Im Sulcus ist der Nerv geringgradig geschwollen.

Die Ursache einer Nervenschwellung ist bei Kompressionssyndromen im distalen Verlauf zu suchen.

N. ulnaris unmittelbar distal des Sulcus ulnaris ohne komprimierende Strukturen

 

Auch im weiteren Verlauf des Nerven nach distal findet sich keine Ursache für ein Kompressionssyndrom. Der Nerv ist nicht mehr verdickt.

Nach erneuter intensiver Anamnese lässt sich herausarbeiten, dass am ehesten eine zu kurze, harte Armlehne des als Staplerfahrer arbeitenden Patienten zu einer Druckbelastung führt, die dem Patienten bisher nicht bewusst war. Eine konsequente Entlastung und Polsterung führte in den kommenden Wochen zu einer langsamen Normalisierung der Nervenfunktion.

Zusammenfassung:

Das Sulcus Ulnaris-Syndrom oder Kubitaltunnelsyndrom ist nach dem Karpaltunnelsyndrom das zweithäufigste Engpasssyndrom.

Sulcus-Nervi-Ulnaris-Syndrom (SNUS) – die häufigsten Lokalisationen einer Kompression

1. medialer Oberarm

2. medialer Epicondylus

3. Sulcus ulnaris

4. Eintritt des N. ulnaris in den Flexor carpi ulnaris

5. Durchtritt des N. ulnaris durch die Flexor-Pronator-Aponeurose